Tanzverbot an Karfreitag - ist das noch zeitgemäß?
Im vergangenen Jahr sind fast 100.000 Menschen aus den Kirchen in Baden-Württemberg ausgetreten. Dennoch darf an Karfreitag weiterhin nicht getanzt werden. Das können einige nicht verstehen.
Im vergangenen Jahr sind fast 100.000 Menschen aus den Kirchen in Baden-Württemberg ausgetreten. Dennoch darf an Karfreitag weiterhin nicht getanzt werden. Das können einige nicht verstehen.
Obwohl immer weniger Menschen den christlichen Kirchen in Baden-Württemberg angehören, gilt an Karfreitag aus Respekt vor der Religion weiter ein Tanzverbot. Auch in diesem Jahr wird wieder darüber debattiert, ob das noch zeitgemäß ist.
Die Regelung an stillen Feiertagen setzt jedes Bundesland eigenständig um. In Baden-Württemberg finden keine Sportveranstaltungen statt. Außerdem gilt von Gründonnerstag bis Karsamstag (20 Uhr) Tanzverbot in der Öffentlichkeit – auch in Vereinen oder bei geschlossenen Veranstaltungen in angemieteten Räumen. Es sind jedoch Ausnahmen mit Sondergenehmigung möglich. Genehmigungen gibt es, wenn die einem höheren Interesse der Kunst, Wissenschaft oder Volksbildung dienen würden.
Auch im Kino gelten Einschränkungen: Filme, die nicht dem Charakter des Feiertags entsprechen, erhalten keine Freigabe. Dieses Jahr darf nur der Horrorfilm «The Monkey» nicht gezeigt werden. Laut der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) gab es im vergangenen Jahr zum Karfreitag keinen einzigen Film ohne Feiertagsfreigabe in den Kinos.
Protest gegen Tanzverbot
Befürworter des Tanzverbots sehen Karfreitag als Erinnerung für alle Menschen, was Leid und Elend bedeute. «Der Blick wird dabei auf andere, auch auf die Welt gerichtet, weg von den eigenen Bedürfnissen», teilte Dr. Jörg Schneider von der evangelischen Landeskirche mit.
Für Kritiker wie Thomas Filimonova, Besitzer des Clubs «LKA Longhorn», gehöre ein solches Tanzverbot nicht zu einer Demokratie. In dem Club findet jedes Jahr zu Karfreitag mit einer Sondergenehmigung ein Event statt. Ohne diesen Abend würde Filimonova etwa 7.000 Euro verloren gehen. «Ich möchte mir von der Kirche nicht vorschreiben lassen, wann ich tanzen darf», sagte er.
2015 wurde das Feiertagsgesetz etwas gelockert. Für Innenminister Thomas Strobl (CDU) gibt es keinen weiteren Anpassungsbedarf. «Zum Tanzen, Feiern und für Veranstaltungen stehen reichlich andere Tage zur Verfügung.» Feiertage seien Teil der christlichen Werte, der Kultur und des Brauchtums. «Der Karfreitag ist heilig. Er ist der einzige Feiertag mit einem ganztägigen Veranstaltungs- und Tanzverbot. Dies entspricht dem stillen Wesen und der traurigen Bedeutung dieses Tages», so Strobl.
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