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Der Karrierediplomat Dmytro Kuleba leitete das ukrainische Außenministerium von 2020 bis 2024. (Archivbild)
Johanna Geron/Pool Reuters/dpa
Der Karrierediplomat Dmytro Kuleba leitete das ukrainische Außenministerium von 2020 bis 2024. (Archivbild)
Regierungsumbau in der Ukraine

Kiew wechselt Außenminister aus: Kuleba geht - Sybiha kommt

Der im Westen als Gesicht der Ukraine bekannte Außenminister Kuleba ist seinen Posten los. Präsident Selenskyj soll mit ihm und auch anderen Regierungsmitgliedern unzufrieden gewesen sein.

Nach dem Rücktritt des ukrainischen Außenministers Dmytro Kuleba soll nun dessen bisheriger Vize Andrij Sybiha als neuer Chefdiplomat im Westen mehr Unterstützung für den Kampf gegen den russischen Angriffskrieg mobilisieren. Für die Entlassung des 43-jährigen Kuleba stimmte eine deutliche Mehrheit im Parlament, der Obersten Rada, wie örtliche Medien meldeten. 

Kuleba gehörte zu den bekanntesten Gesichtern der Ukraine im Westen. Allerdings soll der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der seit Tagen die Regierung umbaut, unzufrieden gewesen sein mit der Leistung des Ministers.

Der neue Minister Sybiha gilt als Vertrauter des extrem einflussreichen Chefs des Präsidentenbüros Andrij Jermak, der selbst die außenpolitischen Leitlinien bestimmt und mit Kuleba zuletzt in einigen Fragen über Kreuz gelegen haben soll. Der 49-jährige Sybiha war bis April noch stellvertretender Leiter des Präsidentenbüros - und dürfte vor allem dort auf Linie gebracht worden sein. Von 2016 bis 2021 war der Jurist zudem ukrainischer Botschafter in der Türkei. Nach seinem Studium der internationalen Beziehungen trat er bereits 1997 in den diplomatischen Dienst seines Heimatlandes ein. Er war längere Zeit in der Botschaft in Polen tätig.

Jermak steht nach Meinung von politischen Beobachtern in Kiew hinter einer Vielzahl von Personalrochaden, die das Land nun mitten im Krieg durchzieht. Sie dürften auch Ausdruck eines innenpolitischen Machtkampfes sein. Jermak wird seit langem als graue Eminenz der Ukraine gesehen.

Kritik an Kuleba

Kuleba, der das Ministerium seit 2020 geleitet hatte, war Medien zufolge nicht im Parlament erschienen. Er hatte am Vortag seinen Rücktritt eingereicht. Die Abgeordnete Iryna Geraschtschenko warf Kuleba wie zuvor anderen Entlassungskandidaten «Missachtung des Parlaments» und «uneuropäisches Verhalten» vor, weil er sich nicht in der Rada eingefunden hatte. 240 von 330 Abgeordneten stimmten für seine Entlassung.

Medienberichten zufolge soll ihm der Posten des ukrainischen Botschafters bei der Nato in Brüssel angeboten worden sein. Einem Bericht des ukrainischen öffentlich-rechtlichen Fernsehens zufolge hatte Präsident Selenskyj auf einer Fraktionssitzung der Präsidentenpartei «Diener des Volkes» Kuleba vorgeworfen, sich ungenügend für weitere Waffenlieferungen einzusetzen. 

Entlassung Kulebas ist Teil von Regierungsumbau

Die Entlassung Kulebas ist Teil eines Regierungsumbaus in der Ukraine. Insgesamt sollten etwa die Hälfte der Ministerposten neu besetzt und auch einige Ressortzuschnitte geändert werden, hieß es in Kiew. Selenskyj hatte den Regierungsumbau damit begründet, dass das Land einen Neustart benötige. «Wir brauchen heute neue Energie», sagte der Staatschef. Nicht betroffen von dem Umbau sind andere Schlüsselministerien wie das Finanz-, das Innen- und das Verteidigungsministerium.

Nach der Kandidatenvorstellung durch Ministerpräsident Denys Schmyhal wurden weitere neue Minister durch die Oberste Rada bestätigt. Olha Stefanischyna wurde erneut als Vizeregierungschefin für EU- und Natointegration bestätigt und erhielt zudem das Justizministerium als neues Ressort. 

Kritiker halten den Umbau allerdings für Augenwischerei und Aktionismus, um Veränderungen vorzutäuschen und um von den Misserfolgen im Abwehrkampf gegen die russische Invasion abzulenken. Vor allem im ostukrainischen Gebiet hatten die russischen Truppen zuletzt auch nach Meinung unabhängiger Militärbeobachter Gebietsgewinne verzeichnet und Ortschaften eingenommen. Auch die Probleme bei der Energieversorgung durch die ständigen russischen Angriffe auf die Infrastruktur lassen die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der eigenen Führung wachsen.

Mehrere neue Minister bestimmt

Der ehemalige Vizechef von Selenskyjs Büro, Olexij Kuleba, wurde zudem zum Vizeregierungschef für den Wiederaufbau ernannt. Ihm wurde das Ministerium für Regionalentwicklung unterstellt. Neue Umweltministerin wurde Switlana Hryntschuk, die zuvor bereits als Vizeministerin im Energie- und Umweltministerium gearbeitet hatte. Als ordentlicher Sportminister bestätigte das Parlament Matwij Bidnyj, der das Amt vorher interimsweise innehatte.

Der ebenfalls vorher als Vize im Präsidentenbüro arbeitende Mykola Totschyzkyj wurde als neuer Kulturminister eingesetzt. Das Ministerium für Kriegsveteranen leitet fortan Natalija Kalmykowa, die vorher als Vizeverteidigungsministerin bereits für soziale Belange in der Armee verantwortlich war. Zudem wurde der bisherige Chef des staatlichen Rüstungskonzerns Ukroboronprom, Herman Smetanin, zum neuen Minister für strategische Industriebranchen ernannt. Schlussendlich wurde der bisherige Chef des Fonds für Staatseigentum, Witalij Kowal, als neuer Landwirtschaftsminister eingesetzt.

Russland erwartet keine Auswirkung auf Kriegsgeschehen

In Russland wurden die Ernennungen als eine Stärkung der Machtposition Jermaks in seinem Präsidentenbüro und Schwächung Selenskyjs gewertet. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, kritisierte, Kuleba habe sich vom «Kiewer Terrorregime» einspannen lassen für das Einwerben von Waffen. 

Kremlsprecher Dmitri Peskow meinte, dass Kulebas Abgang keine Auswirkungen habe auf mögliche Perspektiven für Verhandlungen. Russland hatte zuletzt immer wieder Selenskyjs Legitimation infrage gestellt, nachdem seine Amtszeit im Frühjahr offiziell abgelaufen war. Wegen des Kriegsrechts werden in der Ukraine aber keine Wahlen abgehalten, weshalb sich Selenskyjs Amtszeit samt Machtbefugnissen verlängert. Dies gilt ebenso für das Parlament, dessen reguläre Amtsdauer Ende August auslief.

 

Von Andreas Stein und Ulf Mauder, dpa
© dpa-infocom, dpa:240905-930-223759/4
Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

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