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Affluenza ist mittlerweile ein Krankheitsbild

Wohlstandsverwahrlosung: Sie haben viel, sind aber trotzdem arm!

Materiell bieten die Eltern ihnen oft fast alles, aber emotional sind sie doch ziemlich leer.

Es ist eine ganz spezielle Form der Grippe, die oft gravierende Folgen hat: die Affluenza. Die Rede ist von der Wohlstandsverwahrlosung bei Kindern. Das Wort Affluenza setzt sich aus den Begriffen Influenza und Affluence zusammen. Das deutsche Wort für Influenza bedeutet Grippe und ist hinlänglich als Krankheit bekannt. Fügt man jetzt den englischen Begriff Affluence, also Wohlstand hinzu, ergibt sich schon ein recht klares Bild. Es geht um Kinder, die viel Materielles bekommen, emotional aber verwahrlost sind.

Anfang des Jahres ereilte uns die Meldung: Die soziale Ungleichheit in der Welt ist deutlich größer als angenommen und wächst weiter.

Die acht reichsten Personen hätten 2016 zusammen 426 Milliarden Dollar und damit mehr als die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung (3,6 Milliarden Menschen mit 409 Milliarden Dollar) besessen, erklärte Oxfam.

Wohin dann mit all dem Geld? Oft geht ein Großteil an die Kinder - mit fatalen Folgen, wenn man vor allem in die USA blickt. Betroffen sind in erster Linie Kinder reicher Eltern, denen es zwar auf der einen Seite materiell an nichts mangelt, die aber andererseits viel zu wenig bis gar keine emotionale Zuwendung erfahren haben. Stattdessen mussten sie sich mit wechselnden Bezugspersonen, wie immer neuen Kindermädchen oder fremden Betreuungspersonen in Eliteinternaten auseinandersetzen.

Diese Kinder werden schon von Anfang an auf Reichtum getrimmt und auf Statussymbole geeicht. Ihre Anerkennung finden sie vor allem in sozialen Netzwerken. Zwar gab es schon immer reiche Erben, doch erst die digitale Welt hat zu einer neuen Dimension des Protzens geführt. Fast 370.000 junge Menschen folgen im sozialen Netzwerk Instagram der Seite "Rich Kids of Instagram", auf der Millionärskinder nichts anderes tun, als ihren pompösen Lebensstil zur Schau zu stellen.
 

Aber wieder zurück zu uns. Seit den 90er Jahren wurde der Begriff der "Wohlstandsverwahrlosung" von der Psychologin Ulrike Zöllner geprägt. Längst betrifft diese Krankheit nicht mehr nur die Kinder superreicher Eltern. Es ist ja auch nicht verwerflich, wenn die Eltern viel arbeiten, um ihren Kindern einiges zu ermöglichen. Man darf auch Wohlstandsverwahrlosung nicht nur mit Reichtum in Verbindung bringen. Das Problem liegt doch ganz allgemein beim fehlenden Interesse der Eltern, die dann ihr eigenes Fehlverhalten versuchen zu kompensieren.

Die Kinder erleben zu wenige Frustrationen, wenn es um die Befriedigung ihrer Wünsche geht, und ertragen daher auch später Versagungen kaum. Weil sie glauben, sich alles erlauben zu können, entwickeln sie ihr Gewissen unzureichend, erkennen Regeln nicht an und haben ungesunde Schuldgefühle (entweder zu wenige oder zu viele), schreibt uni.de.