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Wer gewinnt: Frühaufsteher oder Nachteule?

Der frühe Vogel fängt den Wurm! Oder doch nicht? Frühaufsteher gegen Nachteulen: wer gewinnt im Kampf der Schlafenszeiten?

Der Kampf der Schlafenszeiten

Bestimmt kennt jeder das Sprichwort "der frühe Vogel fängt den Wurm". Bedeutet das für uns, dass Frühaufsteher einen Vorteil gegenüber Nachteulen haben? Sind die einen intelligenter oder erfolgreicher als die anderen im Kampf der Schlafenszeiten?

Die etwas überraschende Wahrheit ist, dass wir nicht viel zu sagen haben, wenn es um unsere Vorlieben beim Schlafen geht. Das ist fast ausschließlich durch unsere Genetik vorgegeben. Es ist gut möglich, dass du eine Nachteule bist, weil deine Vorfahren ebenfalls Nachteulen waren. Evolutionär gesehen ergibt das Sinn: Individuen mit unterschiedlichen Schlafrhythmen in einer Gruppe zu haben, ermöglicht einen besseren Schutz für eine Gruppe über den Tag und durch die Nacht hinweg. Nicht alle schlafen gleichzeitig. Manche bleiben naturgemäß länger wach und wieder andere wachen früher auf. So haben Gefahren oder Räuber zu keiner Zeit eine Chance.

Wenn man aber bedenkt, dass die meisten gesellschaftlichen Tätigkeiten zwischen 9 und 17 Uhr stattfinden, scheint es offensichtlich, dass Nachteulen im Nachteil sind. Wissenschaftler haben sogar den Begriff "gesellschaftlicher Jetlag" geprägt, um den von vielen erlebten Schlafmangel zu beschreiben. Für Nachteulen fühlt sich dieser gesellschaftliche Jetlag an, als würden sie jeden Tag in einer anderen Zeitzone leben. Schlafmangel hat direkte Auswirkungen auf die Hirnfunktion. Wenig überraschend sind daher die folgenden Ergebnisse einer Studie: Studenten, die Nachteulen sind, haben insgesamt schlechtere Noten. Frühaufsteher weisen dagegen mehr positive gesellschaftliche Merkmale auf, wie etwa Eigeninitiative oder Optimismus, und sind weniger anfällig für Depressionen oder Süchte, wie Nikotin, Alkohol oder Essen.

Aber ein Nachtschwärmer zu sein hat nicht nur Nachteile. Tatsächlich ist es so, dass sie dazu neigen, kreativer zu sein. Sie haben nachweisbar höhere kognitive Fähigkeiten und sind dafür bekannt, gerne auch mal ein Risiko in Kauf zu nehmen. Zudem haben sie einen höheren Cortisolspiegel. Dieses "Stresshormon" bereitet den Körper auf unmittelbare Gefahren vor, was zu diesem Risikoverhalten beiträgt, welches laut Studien in günstige Gelegenheiten und eventuell finanziellen Gewinn umgesetzt werden kann. Weiterhin neigen Frühaufsteher, auch wenn sie direkt nach dem Aufwachen sehr energisch sein können, eher dazu, im Laufe des Tages schneller an Energie zu verlieren als die Nachteulen. Beide Seiten zeigen in Reaktionszeittests eine Stunde nach dem Aufwachen die gleichen Ergebnisse. Nach zehn Stunden Wachsein schneiden Nachteulen allerdings deutlich besser ab.

Während es also wahr sein kann, dass die frühen Vögel den Wurm fangen, sind Nachteulen nicht direkt zu spät fürs Leben. Sie sind einfach nur in der Zeit verschoben!