Quo Vadis Sandhausen? Interview mit Geschäftsführer Piegsa
Vor dem letzten Spieltag gegen den Hamburger SV steht fest, dass der SV Sandhausen in die dritte Bundesliga abgestiegen ist. RR hat exklusiv mit dem Geschäftsführer Volker Piegsa gesprochen.
Vor dem letzten Spieltag gegen den Hamburger SV steht fest, dass der SV Sandhausen in die dritte Bundesliga abgestiegen ist. RR hat exklusiv mit dem Geschäftsführer Volker Piegsa gesprochen.
Von Rebekka Allgaier aus dem Studio Mannheim
Auf dem Weg zum beschaulichen Stadion am Hardtwald und zur Geschäftsstelle des SV Sandhausen denke ich darüber nach, wie es den Beteiligten wohl geht. Nach elf Jahren Zugehörigkeit zur zweiten Bundesliga geht es für den Verein nun eine Klasse tiefer. Die Chancen standen für den Tabellenletzten in den letzten Wochen nicht gut, trotzdem kämpfte der SVS noch am vorletzten Spieltag in Heidenheim um das Erreichen der Relegation. Doch nach der 0:1-Niederlage stand es schwarz auf weiß fest. Die Reise des SVS setzt sich in der kommenden Saison in der dritten Liga fort.
Pressesprecher Kim Rileit holt mich außerhalb des Geländes ab und führt mich in Richtung der Logen. Dort treffe ich auf den Geschäftsführer Volker Piegsa. Er begrüßt mich freundlich mit einem Lächeln auf dem Gesicht – er wirkt sehr aufgeräumt. Die Atmosphäre ist entspannter, als ich das erwartet hätte. Während des Gesprächs wird deutlich, dass die Aufarbeitung der misslungenen Saison und der Blick in die Zukunft schon vor längerer Zeit in Angriff genommen wurde.
Rückblickend war es eine turbulente Saison beim SV Sandhausen. Der Verein ging mit Trainer Alois Schwartz zuversichtlich in die Runde. Er hatte in der Vorsaison den Klassenerhalt gesichert. Als nach der langen Winterpause die Mannschaft in der Tabelle schließlich bis auf den letzten Platz durchgereicht wurde, zogen die Verantwortlichen Anfang Februar die Notbremse, trennten sich schweren Herzens von Alois Schwartz und installierten Tomas Oral. SVS-Sportchef Mikayil Kabaca kannte den 49-Jährigen aus der gemeinsamen Zeit beim FSV Frankfurt. Eine Liebesgeschichte wurde es nicht – eher eine kurze Affäre, die im April ihr jähes Ende fand. Neben Oral musste überraschender Weise auch gleich sein Freund Kabaca seine Sachen packen. Diese Trennung fiel den Beteiligten sichtlich schwer. Auf der einen Seite gab es Lobeshymnen auf Kabaca. Auf der anderen Seite steht ein Kader, der nicht liefert – insbesondere Stürmer, die nicht treffen und die Erwartungshaltung nicht erfüllen. Ohne Sportchef und mit Co-Trainer Gerhard Kleppinger sollte in der Schlussphase doch noch das Unmögliche möglich gemacht werden und sechs Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz aufgeholt werden. Auch wenn der selbsternannte Dorfklub nochmal Kontakt zu den vor ihnen stehenden Vereinen aufnehmen konnten, reichte es im Endspurt nicht.
Es bleibt die Frage nach dem Warum. Es ist nicht so, dass Sandhausen in der Vergangenheit immer den attraktivsten Fußball gezeigt und oben mitgemischt hätte. Jedoch war es die Art und Weise des Auftretens der Mannschaft, der viele SVS-Anhänger begeisterte. War es in den Jahren zuvor gelungen die „Großen“ durchaus zu ärgern, blieben diese kämpferischen Auftritte in der aktuellen Saison Mangelware.
Für mich erweckt der 48-jährige Piegsa einen klaren, geordneten Eindruck. Er hatte sich auf den Abstieg vorbereiten können – mental. Er weiß um die Fehler die gemacht wurden. Die Transferpolitik der letzten Jahre entsprach nicht der Sandhäuser DNA. Der SVS wurde oft zur letzten Station für bekannte Spieler, die ihren Zenit erreicht oder zum Teil auch überschritten hatten. Jetzt will der Verein wieder zurück zur Philosophie Akteure zu verpflichten, die zum Dorfverein passen. Es soll wieder eine Mannschaft etabliert werden, die aus Nachwuchsspielern, aber auch aus erfahrenen Kickern besteht, wie z.B. Dennis Diekmeier. Es ist Zeit aufzuräumen und das Motto „Wir! Echt anders.“ wieder hoch zu hängen.
Was mir bei dem Gespräch wieder einmal deutlich wird: Volker Piegsa, der im Sommer 2017 an den Hardtwald kam, ist ebenso wie Präsident Jürgen Machmeier kein „typischer“ Fußballvorstand. Sie hängen an dem Verein mit Emotionen und Leidenschaft. Da geht es nicht nur um nackte Zahlen und reinen Profit (trotzdem steht der Verein auf gesunden Beinen), sondern auch um die Liebe zur Region und den Fans. Auch wenn in Sandhausen Fußball noch in einem beschaulichen Maß zelebriert wird, ist der Wunsch zu wachsen da: mehr Fans, eine höhere Auslastung des Stadions, die Sanierung des Stadions, die Erweiterung des Vereinsgeländes. Die Umsetzung dieser Punkte wird zumindest vorerst hintenangestellt werden müssen.
Es bleibt dem kleinen Verein vom Hardtwald zu wünschen, dass sie sportlich gesunden, um bald wieder in der zweiten Bundesliga anzugreifen und den "großen" Vereinen dann wieder eins auszuwischen.